IRRS-Mission 2019 und Follow-up Mission 2023
Die IRRS Mission 2019 erfolgte in Erfüllung der EU-rechtlichen Verpflichtung gemäß der Richtlinie 2009/71/Euratom in der Fassung der Richtlinie 2014/87/Euratom, wonach die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet sind, mindestens alle zehn Jahre eine Selbstbewertung des nationalen Gesetzes-, Vollzugs- und Organisationsrahmens unter anderem für die nukleare Sicherheit kerntechnischer Anlagen durchzuführen und zu einer anschließenden Prüfung durch internationale Expertinnen und Experten einzuladen.
Eine entsprechende Verpflichtung enthält die EU-Richtlinie 2009/70/Euratom für den Bereich der nuklearen Entsorgung abgebrannter Brennelemente sowie radioaktiver Abfälle. Zur Erfüllung dieser Verpflichtung wurde mit Hilfe des IAEO Radioactive Waste Management Integrated Review Service (ARTEMIS) Ende September 2019 eine Überprüfungsmission durchgeführt. Um Synergieeffekte zu erzielen, wurde der Umfang der IRRS-Mission um den Bereich der nuklearen Entsorgung erweitert. Die Ergebnisse der IRRS-Mission mit Bezug zur Entsorgung wurden auch für die ARTEMIS-Mission genutzt und dort hauptsächlich auf die Überprüfung des Nationalen Entsorgungsprogramms abgestellt.
Vorbereitung der IRRS-Mission 2019
Wie bereits einleitend erläutert, steht zu Beginn des gesamten Prozesses einer IRRS-Mission die nationale Selbstbewertung des Aufsichtssystems, das sogenannte Self-Assessment.
Das Self-Assessment wurde anhand eines Fragenkataloges von über 670 Fragen durchgeführt. Dabei wurde in einem ersten Schritt ein Abgleich der Anforderungen der IAEO Safety Standards mit der deutschen Genehmigungs- und Aufsichtspraxis durchgeführt (Regelwerksabgleich) und in einem weiteren Schritt wurden die Fragen beantwortet. Der Umfang des Fragenkataloges erforderte eine Aufteilung der Arbeiten auf alle beteiligten Behörden und damit eine Koordinierung und Abstimmung der Antworten.
Alle im Ergebnis des Self-Assessments festgestellten offenen, einschließlich der zu ergreifenden Maßnahmen wurden in einem Nationalen Aktionsplan festgehalten.
Das Self-Assessment (Beantwortung des Fragenkataloges sowie Zusammenfassungen), der Nationale Aktionsplan, eine Zusammenstellung der relevanten Gesetze und Regelungen sowie Unterlagen zur Organisation und Arbeitsweise der atomrechtlichen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden wurden als Vorab-Informationsmaterial (engl. advance reference material – ARM) zusammengestellt und der IAEO zum 31. Januar 2019 übermittelt.
Durchführung der IRRS-Mission 2019
Die Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden des Bundes und der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein standen einem Expertenteam, bestehend aus hochrangigen Beschäftigten internationaler Aufsichtsbehörden sowie der IAEO während der zweiwöchigen IRRS Mission vom 31. März bis 12. April 2019 Rede und Antwort. Geprüft wurde, inwieweit das deutsche Regelwerk sowie die Aufsichtspraxis den Vorgaben des internationalen Regelwerks entsprechen.
Während der Mission führte das internationale Expertenteam zahlreiche Interviews mit Beschäftigten der beteiligten Behörden. Zusätzlich fand ein Interview mit Bundesumweltministerin Svenja Schulze sowie Herrn Ministerialdirektor Helmfried Meinel vom Ministerium für Umwelt, Klima, Energiewirtschaft Baden-Württemberg statt. Die Möglichkeit eines vertieften Einblicks in die deutsche Inspektionspraxis bekam das internationale Expertenteam vor Ort im Rahmen der Begleitung einer Inspektion erlangen.
Die Ergebnisse der zweiwöchigen Mission wurden in einem Bericht festgehalten, der Deutschland Mitte Juli 2019 von der IAEO überreicht wurde. Das internationale Expertenteam bestätigt, dass die deutsche Atomaufsicht die international geltenden Standards des IAEO Regelwerks erfüllt. Die atomrechtlichen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden des Bundes und der Länder wurden als ausgereift und kompetent bewertet und die effektive Zusammenarbeit mit anderen Organisationen und Gruppen hervorgehoben. Im Bericht wurden Bereiche mit Vorbildcharakter, wie auch Bereiche mit ausgezeichneter Umsetzung der internationalen Standards benannt. Das Expertenteam hatte aber auch Verbesserungspotenziale identifiziert, festgehalten in sechs Empfehlungen und 25 Hinweisen. Die Empfehlungen und Hinweise waren größtenteils bereits in dem im Vorfeld der IRRS-Mission selbst aufgestellten Nationalen Aktionsplan enthalten. Es handelt sich dabei um folgende Schwerpunktthemen: Kompetenzerhalt im Bereich der nuklearen Sicherheit auch über den Ausstieg aus der kommerziellen Nutzung der Atomenergie hinaus, Weiterentwicklung des Regelwerks für die Bereiche Forschungsreaktoren, Stilllegung und Entsorgung, Verbesserung der Managementsysteme durch regelmäßige Bewertungen und unabhängige Überprüfungen.
Die Follow-up Mission 2023
Im Nachgang der IRRS Mission 2019 wurden Maßnahmen zur Umsetzung der Empfehlungen und Hinweise von den Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden des Bundes und der Länder definiert und fortlaufend verfolgt.
Der Umsetzungstand der Empfehlungen und Hinweise wurde im Rahmen der IRRS Follow-up Mission vom 9. bis 16. Oktober 2023 von einem internationalen Expertenteam überprüft und bewertet. Das zehnköpfige Expertenteam, bestehend aus hochrangigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ausländischer Atomaufsichtsbehörden und der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), führte hierfür eine Vielzahl von Gesprächen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundesumweltministeriums (BMUV), des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) sowie der zuständigen Ministerien von Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein.
Der vorliegende Abschlussbericht bestätigt das deutsche Engagement zur Verbesserung und Weiterentwicklung des nationalen Aufsichtssystems für die nukleare Sicherheit kerntechnischer Anlagen und Einrichtungen. Im Ergebnis werden alle sechs Empfehlungen und fast alle der 25 Hinweise der Hauptmission 2019 als umgesetzt betrachtet. Für zwei Hinweise konnte der Umsetzungsprozess aufgrund noch laufender bzw. ausstehender Aktivitäten nicht geschlossen werden. Des Weiteren wurden zwei neue Hinweise ausgesprochen. Betroffen sind die Bereiche Weiterentwicklung des integrierten Managementsystems sowie Stilllegung und Endlagerung radioaktiver Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung.
Mit der erfolgreichen Durchführung der IRRS Follow-up Mission 2023 wurde der zweite Zyklus des innerhalb der EU verbindlich alle zehn Jahre durchzuführenden Peer Review-Prozesses abgeschlossen.