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Atomhaftungsübereinkommen

Das heutige System der internationalen Atomhaftung beruht auf mehreren internationalen Rechtsquellen.

Deutschland gehört folgenden Haftungsübereinkommen an:

  • Übereinkommen vom 29. Juli 1960 über die Haftung gegenüber Dritten auf dem Gebiet der Kernenergie (Pariser Übereinkommen) in der Fassung des Zusatzprotokolls vom 28. Januar 1964 und des Protokolls vom 16. November 1982 (Bekanntmachung der konsolidierten Fassung vom 15. Juli 1985, BGBl. II S. 963, 964)
  • Gemeinsames Protokoll vom 21. September 1988 über die Anwendung des Wiener Übereinkommens und des Pariser Übereinkommens (BGBl. 2001 II S. 202)
  • Zusatzübereinkommen vom 31. Januar 1963 zum Pariser Übereinkommen in der Fassung des Zusatzprotokolls vom 28. Januar 1964 und des Protokolls vom 16. November 1982 (Bekanntmachung der konsolidierten Fassung vom 15. Juli 1985, BGBl. II S. 963, 970, sogenanntes Brüsseler Zusatzübereinkommen).

Pariser Übereinkommen

Das Pariser Übereinkommen schafft Haftungsgrundsätze, die inzwischen weltweit als adäquate Regelungen zur haftungsrechtlichen Bewältigung des nuklearen Risikos anerkannt sind, unter anderem:

  • Gefährdungshaftung des Inhabers einer Kernanlage
  • Konzentrierung der Haftung allein auf den Inhaber der Kernanlage
  • Einschluss der Haftung für Drittschäden durch Transportvorgänge in die Haftung des Inhabers der Kernanlage
  • Haftungsbefreiung nur bei abschließend aufgezählten Fällen besonderer höherer Gewalt (zum Beispiel Krieg)
  • summenmäßige Haftungsbegrenzung für Drittschäden als Regelfall
  • vom Inhaber zu erbringende obligatorische Deckung für entstandene Drittschäden
  • Festlegung eines ausschließlichen Gerichtsstands für Haftpflichtprozesse; zuständig sind regelmäßig die Gerichte des Landes, in dem das nukleare Ereignis stattfindet
  • Gleichbehandlung aller in einem Vertragsstaat des Pariser Übereinkommens Geschädigten unabhängig von Staatsangehörigkeit, Wohnsitz und Aufenthalt.

Brüsseler Zusatzübereinkommen

Das Brüsseler Zusatzübereinkommen (BGBl. 1976 II, S. 310, 318; 1985 II, S. 690) ist akzessorisch zum Pariser Übereinkommen, das heißt, nur Vertragsstaaten des Pariser Übereinkommens können auch Vertragsstaat des Zusatzübereinkommens werden. Das Brüsseler Zusatzübereinkommen ergänzt das Pariser Übereinkommen durch die Bereitstellung weiterer finanzieller Mittel zur Erhöhung der Entschädigungssummen über den Betrag hinaus, den der haftpflichtige Inhaber nach dem Pariser Übereinkommen erbringen muss. Die auf Grund des Zusatzübereinkommens erbrachten zusätzlichen Entschädigungsleistungen stehen nur für Geschädigte der Vertragsstaaten dieses Übereinkommens zur Verfügung.

Stand der Umsetzung

Deutschland hat sowohl das Protokoll vom 12. Februar 2004 zur Änderung des Pariser Übereinkommens 1960/1982 (PÜ-2004, BGBl. 2008 II S. 904) als auch das Protokoll vom 12. Februar 2004 zur Änderung des Brüsseler Zusatzübereinkommens 1963/ 1982 (BZÜ-2004, BGBl. 2008 II S. 920) unterzeichnet und bereits im Jahr 2008 die innerstaatlichen Voraussetzungen für ihre jeweilige Ratifikation geschaffen. Inhalt dieser Änderungen sind jeweils die deutlichen Verbesserungen der Haftungs- und Deckungsvorsorgesummen. Allerdings benötigt das Inkrafttreten dieser Änderungsübereinkommen eine bestimmte, in den jeweiligen Übereinkommen festgelegte Anzahl von Vertragsparteien, die ihre Ratifikationsurkunden bei dem Depositar hinterlegt haben. Diese notwendige Anzahl wird voraussichtlich zum 1. Januar 2022 erreicht werden.